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HOLY UX INSIGHTS

HOLY UX stellt vor: THOMAS LATUS

Wer ist Thomas Latus?

Portrait von Thomas Latus

Thomas Latus, 37
Gründer und Geschäftsführer bei Modulr.Design
https://de.linkedin.com/in/thomas-latus-36bb1942 

Vielen Dank für das Interview!
20.09.2024

 

Hier könnt ihr Thomas in Action sehen:

Zufällig sogar im hauseigenen Kreativraum:
dem Rainhaus. Eine tolle Workshop- und Event- Location in Hamburg Altona, die auch wir schon für ein HOLY UX Meetup nutzen durften. Schaut vorbei: rain.haus 

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Berufserfahrung

  • Was hättest Du früher gerne gewusst?
    Als frisch gebackener Interface-Designer war es mir zwar wichtig, dass das Design ästhetisch ansprechend ist, aber ich hatte auch immer die Nutzenden im Blick. Mir war bewusst, dass oft die kleinen Details den entscheidenden Unterschied machen können. Am Anfang meiner Karriere hatte ich allerdings noch keine eigenen Interviews mit Nutzer·innen durchgeführt. Als ich dann meine ersten Interviews machte, war ich überrascht, wie viel Optimierungspotenzial sich schon mit relativ wenig Aufwand aufdecken ließ.
  • Wie kann man sich in diesem Berufsfeld (stetig) verbessern?
    Ich glaube, man ist für den UX-Bereich nur dann wirklich geeignet, wenn man neugierig ist und bleibt: Neugierig darauf, wie man Dinge noch besser machen kann. Neugierig, welche Nutzerbedürfnisse man bisher übersehen oder vernachlässigt hat.

    Neugier ist die Triebfeder für ständig neue Lernerfahrungen – jedenfalls bei mir.
  • Was sind typische Fehler in Deinem Bereich?
    Ich glaube, dass wir als UX-Menschen die Empathie, mit der wir ja durch unsere Nutzerzentrierung eigentlich gut geschult sind, noch viel zu selten dafür nutzen, um die Situation anderer Stakeholder zu verstehen und dann mit ihrer Sprache zu kommunizieren und auf ihre Probleme und Herausforderungen einzugehen. Also z. B. aus den Bereichen Marketing oder Vertrieb – aber auch auf Produkt-Entscheidungsebene. Da gibt es eine große Chance, die wir noch öfter ergreifen sollten.

Berufstipps

  • Was ist besonders wichtig für UX Research?
    Ich glaube, am wichtigsten, dass alle Beteiligten ein echtes Erkenntnis-Interesse haben, damit echter Geschäftserfolg resultieren kann. Das klingt banal, aber leider gibt es oft auch ganz andere Beweggründe dafür, UX-Research durchzuführen oder durchführen zu lassen: zum Beispiel, um sich die eigenen Hypothesen bestätigen zu lassen. Da ist dann die Gefahr groß, dass Ergebnisse sehr kreativ in der gewünschten Sichtweise interpretiert werden.
  • Was muss bei der Kommunikation von Ergebnissen beachtet werden?
    Das knüpft wunderbar an die vorgenannten Punkte an: Es ist wichtig, dass wir verstehen, wem wir Ergebnisse mitteilen und was die Ziele und Beweggründe dieser Zielgruppe sind, damit wir entscheiden können, in welcher Form wir die Ergebnisse kommunizieren. Also in welcher Länge, ob eher visuell oder eher zahlenlastig, ob eher verallgemeinernd oder eher anhand konkreter Beispiele und Zitate.
  • Was geht bei Qualitativer Forschung schief?
    Es kann da so einiges schief gehen. Das kann schon damit beginn, dass keine Einigkeit darüber hergestellt wird, was das Forschungsziel ist und welche konkreten Fragen beantwortet werden sollen. Dass die Auswahlkriterien für die Testpersonen nicht sauber definiert werden. Dass die Testumgebung nicht authentisch ist. Dass bei Prototypen-Tests der Prototyp sich zu sehr vom echten Produkt unterscheidet. Bis hin zur Auswertung und deren Interpretation, die auch oft Einflüssen unterworfen sind, die einen nüchternen Blick auf die Ergebnisse erschweren.
  • Welchen Lesetipp hast Du für die HOLY UX Leser·innen?
    Ich kann “Lean UX” von Jeff Gothelf und Josh Seiden in der dritten Auflage von 2021 empfehlen (leider gibt es noch keine aktuellere Auflage). Dieses Buch verbindet UX-Design mit agilen Arbeitsmethoden und ist ein Must-Read für alle, die in einem dynamischen, iterativen Umfeld arbeiten. Es bietet praxisnahe Ansätze, um schneller und effizienter zu besseren Ergebnissen zu kommen. Passt damit also perfekt in die Zeit heute, in der wir mit weniger Mitteln mehr bewirken bzw. beweisen müssen.

Aktuelles in der UX Branche

  • Mit welchem Thema sollte man sich in der UX-Branche mehr beschäftigen?
    Ich glaube, dass wir die Chancen, die KI uns heute bietet, unbedingt nutzen sollten, um digitale Produkte noch gezielter auf die Bedürfnisse unserer Nutzer·innen auszurichten. Statt Angst vor einem möglichen Jobverlust durch KI zu haben, sollten wir sie als Werkzeug begreifen, das – mit Bedacht und an den richtigen Stellen eingesetzt – unsere Arbeit auf ein neues Level heben kann. Dabei ist es wichtig, dass wir den Mehrwert unserer Arbeit klar auf den Geschäftserfolg ausrichten und sicherstellen, dass UX-Arbeit nicht im stillen Kämmerlein stattfindet, sondern sichtbar und wirksam wird.
  • Welche UX Research Methoden liegen im Trend und warum?
    Ein Trend, den ich sehe, ist, dass UX-Forschung sich “demokratisiert”, also von mehr Disziplinen selbst ausgeführt wird als reinen Research-Leuten: vom Produktmanagement, UX-Design oder Marketing, zum Beispiel. Das birgt Chancen und Gefahren:
    Die Chance ist, dass das Interesse an so gewonnenen Erkenntnissen und auch deren Wertschätzung über Disziplinen hinweg steigt. Die Gefahr ist, dass durch UX-Forschung durch “fachfremde” Leute, wenn sie nicht gut geschult sind, verfälschte Ergebnisse liefert, die dann als Grundlage für Produkt-Entscheidungen dienen.

The Iron Triangle

Dreieck mit den Spitzen low cost, done quickly und high quality

“Done Quickly” Bei den meisten Websites und Apps gibt es Dinge, die man schnell beheben kann und die dann in der Summe das Erlebnis spürbar verbessern. Dazu kann man sich z. B. der Heuristiken von Jakob Nielsen bedienen oder einen Test der aktuellen Software oder Website mit einer Handvoll von Testpersonen machen, mit den 3-4 häufigsten Szenarios.

“High Quality” Wenn man als Unternehmen mit seinen digitalen Produkten dauerhaft erfolgreich sein will, genügt es auf meiner Sicht nicht, sich mit befriedigenden Ergebnissen abzufinden. Man sollte im Gegenteil immer nach Exzellenz streben – nicht unbedingt für die erste Version, aber auf mittlere Sicht. Nur dann wird sich nachhaltiger Erfolg einstellen.

Dieses Interview gehört zur Reihe „HOLY UX stellt vor“ und wir freuen uns, euch in dieser Form regelmäßig persönliche Einblicke von UX Expert·innen bieten zu dürfen.
Wie würdest Du selbst diese Fragen beantworten? Was ist Deine Meinung? Oder hast Du noch eine Frage an Thomas?
Schreib uns: academy@holyux.de 🤗